Schlagwort-Archive: Wahlen 2020

Wählerwille, ethnischer Proporz und Frauen in der Politik

Sieger und Verlierer

Bei den Wahlen am 20. September und 4. Oktober gab es auch in Meran Sieger und Verlierer. Beschränken wir uns hier nur auf die Stimmen und Mandate der immer wieder genannten drei Blöcke. Die Liste Rösch/Grüne hat im Vergleich zu 2015 an Stimmen zugelegt (+ 450) und ihre 8 Mandate gehalten. Mit dem erstmals angetretenen Team K, das 1 Mandat errungen und den Ökosozialen Linken, die trotz leichter Verluste ihr Mandat halten konnte, erreicht dieses Listenbündnis, das Paul Rösch als Bürgermeisterkandidaten untersützte, 10 Mandate. Das Listenbündnis La Civica per Merano und Alleanza per Merano mit dem Bürgermeisterkandidaten Dario Dal Medico hat zusammen an Stimmen zwar leicht zugelegt (+31), aber 1 Mandat verloren (Alleanza von 4 auf 5, La Civica von 5 auf 3). Die SVP hat 193 Stimmen und 1 Mandat verloren (von 9 auf 8). 

Bei der Stichwahl hat Paul Rösch im Vergleich zu 2015 leicht zulegen können (+ 56 Stimmen) und trotz der Tatsache, dass Dal Medico außer von den Parteien seines Bündnisses auch von Lega und Fratelli d’Italia (zusammen 2.637 Stimmen im ersten Durchgang) offen unterstützt wurde und auch etliche SVP-Funktionäre offen (Karl Freund) oder insgeheim Werbung für ihn gemacht haben, die Stichwahl knapp gewonnen. Nur der PD (877 Stimmen im ersten Wahlgang) hatte eine eindeutige Wahlempfehlung für Rösch abgegeben. Der Vorsprung betrug zwar nur 37 Stimmen, aber in anderen Gemeinden (Auer und Sterzing) gab es noch knappere Ergebnisse. 

Ethnischer Proporz

Der neue Meraner Gemeinderat setzt sich aus 16 deutsch-, einem ladinischsprachigen und 19 italienischsprachigen Räten zusammen (auf Grund der letzten Sprachgruppen-Zählung hat die deutsche Sprachgruppe einen Anteil von etwas mehr als 50%). Daher muss die Stadtregierung im Verhältnis von 4 italienischsprachigen und drei deutschsprachigen Mitgliedern (Bürgermeister und 6 Referent/innen) erstellt werden. Die Koppelung des ethnischen Proporzes in der Stadtregierung an die sprachliche Zugehörigkeit der Räte (eine Erfindung der SVP) ist ein längst überholter Mechanismus, aber er hat bisher dazu beigetragen, die Wähler/innen nach “deutschen” und “italienischen” Parteien zu sortieren und der SVP bis vor kurzem auch den Alleinvertretungsanspruch auf die “deutschen” Referenten-Stellen gesichert. Interethnische Listen wie die Grünen, bei denen sowohl deutsch- als auch italienischsprachige Räte gewählt werden, sind für die SVP daher ein „Störfaktor“. Vor allem dann, wenn die Wähler/innen, wie im Fall Madeleine Rohrer ein so eindeutiges Votum mit den Vorzugsstimmen zum Ausdruck bringen, dass man es nicht mehr ignorieren kann und nun für die SVP zum Problem werden. 

Die Rechte der Frauen

Die 8 Frauen im Gemeinderat (nur 4 der 11 im Gemeinderat vertretenen Listen haben eine weibliche Vertretung, davon sind 4 von der Liste Rösch/Grüne!) haben Anrecht auf mindestens zwei Assessorate in der Stadtregierung. Die “deutsche” Madeleine Rohrer ist zwar die Meistgewählte unter allen Kandidat/innen, aber wie sogar Julia Unterberger meinte, sei Rohrer “ein Puzzleteil, das nicht passt” (so wird die SVP-Parlamentarierin jedenfalls in den “Dolomiten”vom 23.10.2020 zitiert). Die “passenden Puzzleteile” wollen daher die Männer der frauenlosen Parteien außerhalb des Gemeinderates auswählen und in das von ihnen ausgedachte Machtgefüge einpassen. Der sonst so viel zitierte Wählerwille zählt in diesem Fall nicht, weil “nicht richtig” zum Ausdruck gebracht.

Die von Julia Unterberger vorgeschlagene „kreative Lösung“ sieht vor, dass Madeleine Rohrer vom Bürgermeister „vorübergehend“ mit Sonderaufträgen betraut und in der Stadtregierung ohne Stimmrecht zuarbeiten dürfte. Also eine typisch weibliche, dienende Funktion, die für einen SVP-Mann natürlich vollkommen undenkbar scheint, auch für eine Politikerin, die sich sonst für Frauenrechte einsetzt. 

Der Koalitionspoker 

SVP, Civica und Alleanza per Merano (zwei Blöcke, die bei diesen Wahlen verloren haben), bestehen darauf, dass sie nur als gemeinsame Blöcke, die von Anfang an mit je zwei Referenten in der Stadtregierung vertreten sind, eine Koalition mit der Liste Rösch/Grüne regieren wollen (sie ignorieren sogar die Tatsache, dass es ein Wahlbündnis mit Team K und der Ökosozialen Linken gibt). Die SVP wäre höchstens bereit, einer Erweiterung der Stadtregierung auf 8 Mitglieder zuzustimmen, damit die zwar meistgewählte und kompetente bisherige Referentin Rohrer irgendwann nachrücken kann. Die italienischen Parteien haben allerdings bereits angekündigt, gegen eine Änderung der Gemeindesatzung zu sein und sollte doch eine Mehrheit im Gemeinderat für einen weiteren “deutschen” Assessorenposten zustande kommen, könnte eine bestätigende Volksabstimmung diese Operation um viele Monate verzögern oder verhindern. Die SVP, die kleinste der so genannten drei Blöcke, beharrt darauf, von Anfang an zwei Posten in der Stadtregierung zu besetzen. Da die SVP und die  italienischen Mitte-Rechtsparteien Civica und Alleanza 16 Räte stellen, verfügen sie als  unheilige Allianz über eine Sperrminorität, mit der sie bis jetzt erfolgreich jede Koalition verhindert haben. 

Weil Bürgermeister Rösch eine Koalition aus 24 Mitgliedern, in der er in der Stadtregierung in der Minderheit wäre, nicht akzeptieren kann (das tun SVP-Bürgermeister auch nicht), wurden  andere mögliche Varianten vorgeschlagen. Aber weder die ganz große Koaliotion mit 28 Mitgliedern (Liste Rösch/Grüne, Team K, Ökosziale, PD, SVP, Civica und Alleanza) wurde akzepiert, weil sich die SVP unterrepräsentiert sieht. Noch haben bisher Civica und Alleanza einer Koalition aus 20 Mitgliedern (also ohne die SVP) zugestimmt, weil sie sich eine Regierung ohne SVP nicht vorstellen können. Und dies trotz der Ankündigung der SVP, nach 75 Jahren ununterbrochener Herrschaft in Meran es auch einmal in der Opposition zu versuchen. Obwohl die SVP 2015 ihr Veto gegen eine Beteiligung der Civica in der Regierung eingelegt hatte, haben sich Alleanza und Civica wieder eng an die SVP geschmiegt, in dem Bestreben, Bürgermeister Rösch zum Scheitern zu bringen und Neuwahlen zu provozieren. Der vor den Wahlen geschmiedete Pakt zwischen diesen drei Parteien hat zwar nicht zum Sieg von Stampfl oder Dal Medico geführt, aber zu einer Verhinderung einer Regierung Rösch könnte es allemal reichen.

War das der Wille der Wähler/innen?

Toni Ladurner, 24.10.2020

MERAN: Es geht um jede und jeden

Wir haben 2015-2020 Regierungsverantwortung für unsere Stadt getragen. Die Meranerinnen und Meraner wissen also, welche Politik sie auch in den kommenden fünf Jahren von uns zu erwarten haben und in welcher Art wir diese Politik vorantreiben: mit Engagement, mit Entschlossenheit, mit Offenheit, unter Einbeziehung der Bevölkerung und mit einer gehörigen Portion Bescheidenheit und Demut. So wie bisher werden wir uns zudem von der Bemühung um eine sprachgruppenübergreifende Zusammenarbeit leiten lassen, damit alle an der Zukunft dieser Stadt mitbauen können. Schließlich wissen wir, welche Verantwortung uns die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl übertragen und welches Vertrauen sie mit ihrer Wahlentscheidung in uns setzen.
Damit uns die Meranerinnen und Meraner dieses Vertrauen nicht blind vorschießen müssen, haben wir… Lesen Sie mehr in unserem Wahlprogramm:

Unsere Liste – La nostra lista

Unsere Kandidat*Innen/Le nostre candidate e candidati: Madeleine Rohrer (Stadträtin Assessora), Andrea Rossi (Vicesindaco Vizebürgermeister), Claudia Bellasi (Operatrice culturale), Michael Bockhorni (Geschäftsführer), Lindi Brauer (Mitarbeiterin Frauenhaus Meran), Julia Dalsant (Kindergartenpädagogin), Martin Daniel (Oberschullehrer), Norbert Dejori (Biologe und Oberschullehrer), Hannes Desaler (Unternehmer), Paolo Endrizzi (Educatore professionale), Gunther Erhard (Informatiker), Pietro Fogale (Insegnante e storico), Lea Gasser (Technikerin), Silvia Greghi (Insegnante), Toni Holzgethan (Gemeinderat, Kaufmann i. R.), Gabriella Job (Sociologa), Zudabeh Kalantari-Lun (Kindergartenleiterin), Ingrid Karlegger (Psycho-Pädagogin), Olivia Kieser (Projekleitung im Bereich nachhaltiger Verkehr), Stefan Kofler (Musiker und Lehrer), Toni Ladurner (Gemeinderat, Schuldirektor i. R.), Magdalena Lanza (Operatrice in ambito socio-pedagogico), Verena Malfertheiner (Museumsvermittlerin), Florian Mayr (Malermeister), Martin Oberhofer (Immobilienmakler), Johannes Ortner (Gemeinderat, Kulturanthropologe), Vero Pinzger (Uni-Studentin und Klimaaktivistin), Matthias Prieth (Künstler), Maurizio Schiavo (Assistente tecnico, iniziative culturali), Irene Senfter (Nachhaltigkeits-Expertin), Norbert Spornberger (Führungskraft), Ingeborg Stainer (Einsatz für Barrierefreiheit), Christian Stompe (Arbeitssuchender), Paolo Talamoni (Dipendente amm. pubblicav), Heinrich Tischler (Gemeinderat, Arzt), Liliana Turri (Ex insegnante di lingue), Susanna Vetturelli (Mamma e Ph.D. in Scienze dell‘Educazione Psicologia), Raffaele Virgadaula (Economia, democrazia e responsabilità socioecologica), Alberto Zendrini (Führungskraft Direttore).

Die Liste Rösch Grüne Verdi Vërc 2020 wurde vorgestellt

Liste Rösch/Grüne:
39 Kandidaten und umfassendes Programm für Meran vorgestellt

Meran als offene, respektvolle, nachhaltige, innovative und effiziente Stadt in die Zukunft zu führen, ist das Ziel, das sich die regierende Liste Rösch/Grüne für die Gemeindewahlen am 20. und 21. September gesetzt hat. Um es zu erreichen, hat man ein Team von 39 Kandidatinnen und Kandidaten zusammengestellt, das einen denkbar breiten Querschnitt von Meran bildet. Kandidaten und Programm wurden heute im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.

Liste Rösch-Grüne-Verdi 2020
Ein Großteil der Kandidaten 2020 kam zur Vorstellung der Liste

„Wir sind Meran.“ Der Slogan, unter dem die Liste Rösch/Grüne in die Gemeindewahl zieht, kommt nicht von ungefähr. „Die Liste ist ein Ausdruck unserer Stadt in all ihren Facetten“, so Bürgermeister(kandidat) Paul Rösch bei der heutigen Vorstellung. So finden sich 17 Frauen und 22 Männer auf der Liste, die alle Sprach- und Altersgruppen, Stadtviertel, Bevölkerungsgruppen und eine breite Palette an Berufen vereint.

Die Kandidatenauswahl ist zudem ein Ausdruck des Programms, mit dem die Liste Rösch/Grüne zur Wahl antritt. „Die Säulen unseres Programms spiegeln sich in der Zusammensetzung der Liste und in den ganz spezifischen Kompetenzen unserer Kandidaten wider“, so Spitzenkandidatin und Stadträtin Madeleine Rohrer. Das Kandidatenteam sei deshalb nicht nur ein wertvoller Pool an Erfahrungen und Know-how, sondern auch eine Garantie dafür, dass das Wahlprogramm in den kommenden fünf Jahren umgesetzt werden könne.

Das Programm selbst ist – für die regierende Liste selbstverständlich – nichts gänzlich Neues, sondern eine Fortschreibung dessen, was man schon in der ablaufenden Amtszeit auf den Weg gebracht hat. „Wir haben uns schon vor fünf Jahren das Ziel gesetzt, in unserer Stadt in vielerlei Hinsicht und in vielen Bereichen ein Umdenken einzuleiten“, so der zweite Spitzenkandidat und amtierende Vizebürgermeister Andrea Rossi. „Und dieses Umdenken braucht nicht nur Mut, sondern auch Zeit.“

Was genau unter dem „Umdenken“ in der Kurstadt gemeint ist, hat man in einem umfangreichen Wahlprogramm festgeschrieben. Darin geht es um Respekt und Menschenwürde, um die Gleichstellung von Männern und Frauen, um Wohlbefinden und Sicherheit, die Schaffung innovativer und sicherer Arbeitsplätze, um erschwinglichen Wohnraum, ein effizientes Sozialwesen ohne Blick auf die Brieftasche sowie um Investitionen in Bildung, Kultur und Infrastruktur.

Wie schon in den ablaufenden fünf Jahren wird ein Hauptaugenmerk auf die Entwicklung Merans hin zu einer Stadt gelegt, die Umwelt- und Klimaschutz besonders groß schreibt. „Es sind dies die Herausforderungen der Zukunft und wir haben gezeigt, dass Meran bei der Bewältigung dieser Herausforderungen eine Vorreiterrolle spielen kann“, so Rohrer heute. Eine ebenso wichtige Säule im Programm bildet die Mobilitätspolitik, die eine dauerhafte Entlastung der Stadt vor Augen hat und deshalb mit innovativen und gezielten Maßnahmen Fußgänger, Radfahrer und öffentliche Verkehrsmittel fördert.

„Wie schon in den vergangenen fünf Jahren gezeigt, führen wir unsere Stadt nicht, indem wir von oben herab bestimmen“, so Vizebürgermeister Rossi heute, „sondern suchen in allen Entscheidungen das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern, beziehen sie ein und setzen auf Mitbestimmung und Mitverantwortung“.

„Im Mittelpunkt all unserer Entscheidungen stand in diesen Jahren das Wohl jeder und jedes Einzelnen“, ergänzte Bürgermeister Rösch, „und das werden wir auch in den nächsten fünf Jahren so halten“. Dafür sei nicht nur die bisherige Arbeit eine Garantie, sondern auch die Kandidatinnen und Kandidaten der Liste Rösch/Grüne. „Ohne anmaßend sein zu wollen, kann ich doch behaupten, dass sich auf keiner anderen Liste ein so breiter, so umfassender, so bunter Querschnitt unserer Stadt findet wie auf dieser“, schloss Rösch heute.